Moderatorin auf einer Bühne mit einer Präsentation im Hintergrund zu Crisis and Growth
8 Aug
von
Robin
2
Min
Lesezeit

CHRO: Seiltanzen zwischen Crisis und Growth

Sie müssen scheinbar widersprüchliche Rollen miteinander verbinden. Welche es sind und wie der Balanceakt gelingen kann.

Die richtigen Menschen zur richtigen Zeit in die richtige Funktion oder Rolle zu bringen, das ist die zentrale Aufgabe der Chief People oder auch Chief HR Officer in jedem Unternehmen. Und je weiter weg diese Funktion vom C-Level ist, desto komplexer wird diese Aufgabe. Gleichzeitig steigt ihre Bedeutung in einem sich seit der Pandemie spürbar stark wandelnden Arbeitsmarkt – egal ob im Wachstum, in der Transformation oder in der Krise.

Folglich werden die Anforderungen an Chief HR Officer in diesem vielschichtigen, oft undurchsichtigen Terrain immer höher. Der Weg zum Erfolg liegt in der Fähigkeit, zwei scheinbar widersprüchliche Rollen zu verbinden: die des umsichtigen Krisenmanagers und die der ambitionierten Wachstumstreiberin. Es gilt, beide Rollen zu verstehen und je nach Situation entsprechend zum Einsatz zu bringen, sodass sie sich ergänzen und gegenseitig stärken. Doch was hat es mit diesen Begrifflichkeiten eigentlich genau auf sich?

Wartime CEO wider Willen

„Wartime CEO vs. Peacetime CEO“ – diese Gegenüberstellung stammt von Ben Horowitz, genau genommen aus seinem Buch The Hard Things About The Hard Things und war meine Inspiration für die Adaption auf einen Crisis CHRO vs. Growth CHRO. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass neben der oder dem CEO und den etablierten Verantwortungsbereichen in der Geschäftsleitung jedes Unternehmens vor allem die „People Leader“ eine neue Schlüsselrolle einnehmen werden, um die aktuellen und kommenden Herausforderungen im Sinne der Organisationen zu lösen.

Tatsächlich las ich zum ersten Mal im März 2020 von diesem Konzept, als wir unser Büro schließen mussten – und ich selbst, ohne das zu wollen oder darauf vorbereitet zu sein, in die Rolle des Wartime CEO schlüpfen musste. „Robin, wann geht uns das Geld aus, wenn ab heute kein einziger Deal mehr kommt – also wann stirbt diese Firma?“ Das war nur eine der Fragen, mit denen ich in den kommenden Wochen konfrontiert wurde. Auf vielen Ebenen war das sehr hart. Und ich habe in der Phase auch einiges falsch gemacht, aber ich hatte auch eine steile Lernkurve, für die ich heute dankbar bin.

Natürlich war der Frühling 2020 nicht nur für mich das erste Mal, dass wir mit einer Krise dieses Kalibers konfrontiert wurden, die eine sofortige Umstellung auf Krisenmanagement erforderte. Es zeigte sich, dass diese neuen Wartime CEOs – oder Crisis CEOs – ein völlig anderes Verhalten und andere Fähigkeiten aufweisen mussten als in Zeiten des Wirtschaftswachstums als Peacetime oder Growthtime CEO.

So wappnen sich CHROs für eine (ungewisse) Zukunft

Während Peacetime CEOs langfristig planen, den Wettbewerb beobachten und strategische Schlüsse ziehen, müssen Crisis CEOs schnell und entschlossen auf neue Situationen reagieren und eventuell langfristige Pläne verwerfen, um das Überleben der Organisation zu sichern. Dieser Paradigmenwechsel gilt auch für Chief HR Officer – doch was bedeutet das konkret? Was müssen CHROs leisten?

  • Im Heute und Morgen: Ein Crisis CHRO muss in der aktuellen Situation leben und schnell handeln, ein Growth CHRO muss zwei Jahre in der Zukunft leben. In einer Welt, in der sich beides ständig verbindet und einzelne Bereiche einer Organisation schon im Krisenmodus sind, während sich andere noch im Wachstum befinden, muss ein CHRO ständig beides tun: schnell reagieren und langfristig planen. Das ist die neue große Herausforderung.
  • People first: Mit der Fähigkeit, Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und HR als Werttreiber zu positionieren, verankert die oder der CHRO den Wert People first in der gesamten Organisation. Gleichzeitig muss eine mentale Einstellung etabliert werden, die für alle Personalverantwortlichen leicht adaptierbar ist. Der Schlüssel zum Erfolg liegt hierbei in der sogenannten Direct-to-Talent-Strategie: Das bedeutet, dass es stets einen direkten, exklusiven Zugang zu Talenten und Transparenz über ihre Fähigkeiten gibt. Damit in der Organisation die richtigen Menschen mit den richtigen Fähigkeiten zur richtigen Zeit und am richtigen Ort eingesetzt werden können.
  • Daten, Daten, Daten: Die Nutzung von Technologie ist erfolgsentscheidend, um Komplexität zu analysieren und datengestützt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dies kann von der Einführung von Frühwarnsystemen über die Vorhersage von Personalbedürfnissen inklusive passender Maßnahmen bis hin zur Analyse von Talent Acquisition Costs und Talent Lifetime Value reichen. Aber: Laut einer aktuellen McKinsey-Studie fühlen sich gerade einmal fünf Prozent der Befragten darauf vorbereitet; Potenziale drohen ungenutzt zu bleiben. Doch genau hier kann ein CHRO den Rahmen dafür schaffen, nicht nur Technologie einzuführen, sondern auch die entsprechenden Fähigkeiten zu lernen, anzuwenden und weiterzuentwickeln.
  • Agilität: Es wird immer schwieriger, klar zwischen Krisen- und Wachstumsphasen zu unterscheiden. Die Herausforderungen in beiden Phasen verschmelzen zunehmend. Daher ist es essenziell, dass CHROs ein agiles Mindset pflegen und schnell auf sich ändernde Umstände reagieren können. Beispielsweise müssen Skills permanent bewertet und entwickelt werden, um dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt zu werden – und das Ganze auch unter Berücksichtigung von neuen Technologien wie ChatGPT.

Ein oder eine CHRO muss ständig beide Phasen verbinden: Krise und Wachstum, im Heute und Morgen. Doch die eigentliche Kunst liegt darin, das eingangs erwähnte C-Level extrem proaktiv zu involvieren und zu beraten, statt auf Anweisungen zu warten. Beispielsweise indem man den Businessplan erst aus einer CHRO-Sicht entwickelt und dann dem oder der CFO als Briefing zur Verfügung stellt – nicht länger andersherum. Denn: Wenn Talent zur knappen Ressource wird, dann muss das Business aus People-Sicht gestaltet werden und nicht länger aus hypothetischen Sales-Plänen.

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Dieser Artikel ist am 26.07.2023 im Human Resources Manager Magazin erschienen: https://www.humanresourcesmanager.de/recruiting/robin-sudermann-chro-seiltanzen-zwischen-crisis-und-growth/

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